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So schützen Sie Ihre kritische Verkehrs-Infrastruktur

Nils Schmidt im Interview: So schützen Sie Ihre kritische Verkehrs-Infrastruktur

Cybersecurity ist ein weltweit diskutiertes Thema. Es wird viel darüber gesprochen und geschrieben wie das eigene Handy, das digitale Konto oder das Mail-Postfach geschützt werden kann.
Was viele vielleicht nicht ahnen: Auch beispielsweise die kritische Infrastruktur, zu der unter anderem die Straßenverkehrstechnik und damit auch Verkehrsampeln zählen, ist anfällig für Hackerangriffe – wenn sie nicht ausreichend geschützt ist.
Wir haben bei Nils Schmidt, Managing Director von Yunex Traffic Deutschland, nachgefragt, wo Cybersecurity Risiken in der Straßenverkehrstechnik lauern – und wie wir Städte davor schützen können.

Wieso müssen wir uns auch in der Straßenverkehrstechnik um Cybersecurity Gedanken machen?

Nils Schmidt: Die Straßenverkehrstechnik zählt zur kritischen Infrastruktur, also zu den Anlagen, die von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des Wohlergehens der Bevölkerung sind.
Störungen in der Straßeninfrastruktur beeinträchtigen das öffentliche Leben enorm – das sehen wir beispielsweise regelmäßig an Staus oder Zugausfällen. Da die meisten Systeme im Bereich der Verkehrssteuerung inzwischen digital laufen, sind Cyberattacken ein großer Risikofaktor für Störungen in der Straßenverkehrstechnik. Und müssen deshalb unbedingt vermieden werden.

Wo lauern Cybersecurity-Risiken in der Straßeninfrastruktur?

Nils Schmidt: Da gibt es sehr viele! Ein Risikobereich, der beispielsweise auch vor kurzem im Fokus der deutschen Medienberichterstattung stand, ist der Signalaustausch über Analogfunk, der beispielsweise bei der ÖPNV-Priorisierung eingesetzt wird.

Was ist das Problem am Analogfunk?

Nils Schmidt: Das Hauptproblem sind die mangelnden Sicherheitsaspekte: Wie die Reportagen erst kürzlich wieder gezeigt haben, ist die Kommunikation über Analogfunk nicht ausreichend vor Hackerangriffen geschützt und entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der IT-Sicherheit.
Hinzu kommt, dass die Bundesnetzagentur beschlossen hat, dass die analogen Betriebsfunkfrequenzen im 20 kHz-Raster ab 2028 abgekündigt sind und darüber hinaus nur noch einige wenige Frequenzen zur Verfügung stehen.

Warum nutzen Städte nach wie vor Analogfunk bei der ÖPNV-Priorisierung?

Nils Schmidt: Viele Anwendungen im Verkehrsmanagement haben eine Lebensdauer von mehreren Jahrzenten. So auch die ÖPNV-Priorisierung. Auch wenn diese Systeme sehr alt sind, ist die Umstellung mit Investitionen und mit Aufwand verbunden. Sie kann deshalb nicht von heute auf morgen passieren – nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte sollte sie jedoch so schnell wie möglich erfolgt sein.

Welche Alternativen gibt es zum Analogfunk in der ÖPNV-Priorisierung?

Nils Schmidt: Die sichereren Alternativen zum Analogfunk sind digitale Funksysteme, die eine authentifizierte Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur ermöglichen. Sie sind so besser vor externen Eingriffen geschützt.

Wir bei Yunex Traffic bieten diese digitalen Systeme in drei Varianten an:

  • Bei der zentralen ÖV-Priorisierung wird die Position und Geschwindigkeit des Busses mit Hilfe eines globalen Navigationssatellitensystem (GNSS) im ÖV-Fahrzeug ermittelt. Nährt sich das ÖV-Fahrzeug einer LSA wird mit Hilfe von virtuellen Triggern die ÖV-Priorisierung eingeleitet. Hierbei kommuniziert das ÖV-Fahrzeug über Mobilfunk mit der kooperativen Verkehrsmanagementsystem. Dieses Priorisierungssystem hat den Vorteil, dass die Investition in die Infrastruktur geringer ist.
  • Lokale ÖV-Priorisierung: Bei der lokalen Priorisierung wird wie bei der zentralen Priorisierung die Position und Geschwindigkeit über GNSS ermittelt. Die Kommunikation mit der LSA erfolgt über WLAN von der OBU über eine in der LSA verbauten RSU ist. Dieses Priorisierungssystem hat den Vorteil, dass die Funktionssicherheit höher und die Latenzzeiten geringer sind.
  • Hybride ÖV-Priorisierung: Das hybride System ermöglicht beide Kommunikationswege und kombiniert die Vorteile der zentralen und lokalen ÖV-Priorisierung. So kann das zentrale System für periphere Geräte verwendet werden und das lokale System für wichtige ÖV-Knotenpunkte verwendet werden.

Sind diese Lösungen schon im Einsatz?

Nils Schmidt: Auf jeden Fall! Unsere Lösungen sind bereits in zahlreichen Städten weltweit erprobt und kommen in Deutschland u.a. in Heilbronn, Böblingen, Sindelfingen, Kulmbach und Bietigheim-Bissingen zum Einsatz. Auch in Kempten, die ihre Lösung kurz im Bayerischen Rundfunk vorgestellt haben, nutzt unsere Technik.

Was raten Sie Städten jetzt, die noch mit Analogfunk arbeiten?

Nils Schmidt: Bei der Prüfung von ÖPNV-Priorisierungssystemen konnten Dritte diese von außen beeinflussen und so aktiv Einfluss auf die Verkehrssteuerung nehmen. Dass das theoretisch passieren kann, war den meisten Städten und auch uns zwar bekannt. Der Test zeigte aber einmal mehr: Es kann auch praktisch passieren. Denn die Kommunikation über Analogfunk ist nicht ausreichend vor Hackerangriffen geschützt und entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der IT-Sicherheit.

Die gute Nachricht ist: Mit den digitalen Systemen, die ich gerade vorgestellt habt, können Städte schon heute diese Sicherheitslücke schließen. Deshalb meine Empfehlung: Stellen Sie um und schützen Sie ihre kritische Infrastruktur. Besser heute als morgen.